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Der Galgen der Worte – Wie Satire zur Straftat wurde

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Man hat mir das Wort genommen. Nicht auf dem Richtplatz, nicht unter Drohungen, nicht durch Schwert oder Galgen – sondern durch das freundlich lächelnde Fenster eines Meldeformulars. Eine digitale Pforte zur Säuberung, durch die heute gespült wird, was missfällt. Satire? Ja, aber bitte weich. Ironie? Nur, wenn sie niemandem weh tut. Und wehe, sie kratzt an der Oberfläche eines Weltbildes, das sich selbst für unantastbar hält.

Ich bin Henker. In dieser Rolle darf ich richten, darf blutig erzählen, darf im übertragenen Sinne Köpfe rollen lassen – solange ich es innerhalb der geschützten Sprachzone tue. Was das bedeutet, sagen mir keine Gesetze, sondern AGBs. Die Regeln der Gemeinschaft – wer auch immer diese Gemeinschaft ist, und wer auch immer für sie spricht.

Mein Vergehen war nicht die Gewalt, sondern das Wort. Ich habe satirisch über das gesprochen, was mir auffällt: Doppelmoral, kontrollierte Sprache, der enge Korridor des Sagbaren. Und wie schnell man heute draußen steht, wenn man sich in ihm nicht leise genug bewegt. Ich wurde gelöscht, gesperrt, algorithmisch beseitigt. Keine Anklage, keine Verhandlung – nur das Urteil. Vollstreckt von niemandem, vollzogen von allen.

Die große Gefahr für die Meinungsfreiheit liegt heute nicht in plumper Unterdrückung. Sie kommt nicht in Stiefeln, sondern in Sneakers. Sie ist nicht hart, sie ist weich. Sie erklärt sich aus Fürsorge, aus Schutzbedürfnis, aus Verantwortung. Und genau das macht sie so gefährlich. Denn wer kann schon gegen den Schutz der Schwachen, gegen das Verhindern von Hass, gegen „digitale Hygiene" sein?

Und so verschwindet das Abweichende still. Es wird nicht verbrannt, es wird moderiert. Nicht verbannt, sondern entmonetarisiert. Der moderne Pranger ist unsichtbar – er ist ein Schatten, in den man gestellt wird, ohne zu wissen, wer einen hineingeschoben hat.

In diesem Klima des vorauseilenden Gehorsams braucht es Mut, das Wort wieder zu erheben. Und wenn der Henker heute dankt, dann einem, der diesen Mut täglich aufbringt – mit Robe statt Axt, mit Akten statt Anekdoten.

Markus Haintz von HAINTZ legal in Köln ist einer der wenigen, die sich nicht wegducken, wenn das Grundrecht auf freie Rede infrage steht. Er kämpft – nicht für Inhalte, sondern für Prinzipien. Für das Recht, unbequem zu sein. Für das Recht, auch falsch liegen zu dürfen, ohne gelöscht zu werden. Für die Freiheit, die erst beginnt, wo sie anstößig wird.

Ihm danke ich – nicht als Mandant, sondern als Kollege im Geiste. Denn ob man mit dem Beil richtet oder mit Paragrafen verteidigt: Beide wissen, wie es sich anfühlt, allein auf dem Platz zu stehen.

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Samstag, 04. Oktober 2025